Verantwortung vs. Sorgen

Ich bin die erste die wegrennt, wenn es um brenzlige Situationen geht. Wirklich. Irgendetwas passiert und mein Fluchtinstinkt takes control. Schon beim Öffnen einer Sektflasche werde ich nervös. Ich schreie normalerweise lieber erst mal nach Hilfe. Und es gibt glücklicherweise immer viel mutigere Menschen in meiner Nähe, die mir bereitwillig den aktiven Kampf mit Situationen abnehmen und dankbar für passive Mithilfe sind, die ich ebenso dankbar leiste.

Nur geht das jetzt nicht mehr. Man erwartet von mir, mutig zu sein. Zumindest potenziell mutig. Ich erwarte dies selbst von mir auch. Ich möchte schließlich Flugbegleiterin werden und mich je nach Situation in Krankenschwester, Hebamme, Feuerwehrfrau, Polizistin oder Gefahrgutspezialistin verwandeln. Das war mir natürlich auch bewusst, als ich mit meinem Training begann. So richtig darüber nachgedacht, wie das aussehen soll, hatte ich sicherheitshalber nicht. Weder wollte ich mich vor meinem geistigen Auge mit einem Feuerlöscher sehen, noch mit einem Defibrillator. Mir so etwas vorher vorzustellen und zu überlegen, wie ich wohl damit umgehen würde, hätte mich zu nervös gemacht. Aber es ist ein Job, den ich unbedingt machen möchte, daher beruhigte ich mich: man wächst mit seinen Aufgaben. Und ich hoffte auf das Beste.

Es stellt sich heraus: genau so ist es. Es ist egal, ob man bis kurz vorher an sich zweifelt oder sich abenteuerlustig in den Kampf stürzt. Es ist auch egal, ob man sich immer freiwillig zu Übungen meldet oder bei jeder Übung betet, nicht selbst daran teilnehmen zu müssen. Oder ob man sich gerne unter enge Masken zwängt, um keinen Rauch einzuatmen oder sich lieber den Erstickungstod vorstellt, als eine solche Maske anzulegen. Aber dann steht man eben dem Feuer gegenüber. Und dann geht es los. Kurz checken, was zu tun ist. Sich ausrüsten. Und wenn es eben doch der Masken bedarf, die man sich 3 Sekunden vorher überall, aber nicht auf seinem Kopf vorstellen konnte. Und dann schnappt man sich diesen Feuerlöscher. Und dann ist man eben bereit und … legt einfach los. Völlig angstfrei. Denn was will man tun, wenn es in der eigenen Verantwortung liegt, die Sache in den Griff zu bekommen. Und wenn es keine Option ist, laut zu schreien und jemand anderen die Sache erledigen zu lassen. Dann lautet die einzige Lösung, es einfach selbst zu tun. Und zwar so richtig. Beherzt und kontrolliert. Ohne Angst und Zweifel und Oh-Gott-wenn-ich-was-falsch-mache und Ich-kriege-das-doch-nie-hin.

Denn ich bin eigentlich die Nummer Eins auf meiner eigenen Liste der größten Angsthasen, die ich kenne. Nur scheint es ganz so einfach doch nicht zu sein. Denn manchmal geht es gar nicht um Eigenschaften und Charakterzüge, sondern einfach darum, sich wirklich in der Position zu befinden, in der man Verantwortung ergreifen muss. Mit einer solchen Situation kommt das Bewusstsein, wie wichtig es ist, ebendiese Verantwortung auch bereitwillig zu übernehmen und auszufüllen. Dann gibt es nicht mehr viel rundherum, das einen bei der Erfüllung seiner Aufgaben gedanklich behindern könnte. Man stellt, vielleicht ein wenig überrascht fest, dass es gar nicht unbedingt darum geht, sich Ängsten zu stellen, sondern einfach auch Situationen. Und in solchen Situationen gibt es diese Ängste oder Sorgen, die man vermeintlich hatte, gar nicht mehr.

Das ist eine der wertvollsten Erfahrungen, die ich (nicht nur im Hinblick auf Feuer) bisher im Training machen durfte. Man lernt sich selbst unendlich viel besser kennen, wenn man sich für eine Position wie die eines Flugbegleiters ausrüsten möchte. Denn man ist letztlich der, dem die Verantwortung der Kabine erst mal obliegt. Und der, auf den im Zweifel alle schauen werden. Man ist nicht Auge und Ohr des Cockpits, sondern auch derjenige, der die Kabine unter Kontrolle halten muss. Denn genau so wie wir uns für einen sicheren Flug auf die Cockpit Crew verlassen, verlässt sich das Cockpit auf uns. Jedem von uns obliegt eine gewisse Verantwortung. Daraus resultiert, dass man für seinen Verantwortungsbereich selbst seine einzige Option ist. Und das kann unglaublich viel aus einem hervorzaubern, einen selbst überraschen und stolz machen. Weil man sich eben nicht „besiegen“ muss, um mutig zu sein. Weil es nicht darum geht, „Angst“ zu bekämpfen. Weil man feststellt, dass alles schon in einem angelegt ist und es nur eine günstige Gelegenheit geben muss, hervorzukommen. Denn schwer ist das alles überhaupt nicht. Es ist nur eine Frage, der aktiven Übernahme von Verantwortung.

„Verantwortlichkeit“ ist ein Wort, dass man auch in einschlägigen EU Verordnungen zu Kabinenbesatzung häufig liest. Für mich ist es eines der Schlagworte, die das Training bisher am besten beschreiben. Vielleicht ist das Training daher nicht so spaßig, wie ich es mir vorgestellt hatte. Dafür gibt es einem unendlich viel für die eigene Persönlichkeit mit und für mich persönlich kann ich sagen, dass es jeden Tag so spannend ist, dass nicht einmal die zukünftigen Flüge in die Welt im Zentrum meiner Aufmerksamkeit stehen. Sondern jeder einzelne Tag mit seinen Herausforderungen. Es ist eine spannende, aufregende, lehrreiche Zeit. Und es ist ein großes Geschenk, so viel bei einer Ausbildung mitzunehmen.

In diesem Sinne,

Love,

Julietta.

Saying yes to the world.

Folks, ich melde mich zurück mit den allerneuesten Neuigkeiten.

Ich hatte in den letzten Wochen und Monaten große Pläne geschmiedet, vor allem deshalb, weil ich einen Job brauche, der mir ab April mein Studium finanzieren kann. Es war völlig klar, dass das etwas sein muss, was Spaß macht. Denn neben dem Jurastudium viel zu arbeiten bedeutet ganz klar einen Verzicht auf Freizeit und damit verbunden den Verzicht auf nebenbei herumreisen. Da wollte ich wenigstens einen Job, der mir auch persönlich etwas gibt. Und so hatte ich mich entschieden, mich auf einen Job zu bewerben, den ich schon immer machen wollte, für den allerdings nie der richtige Zeitpunkt zu sein schien. Dass das neben dem Studium überhaupt klappen könnte, habe ich mir niemals vorstellen können, aber aus der Not schöpfte ich dahingehend Zuversicht: Und wenn das Studium ein Semester länger dauern würde, dann wäre das eben so.

Jetzt sitze ich gerade im Zug von Frankfurt nach Hause und habe die tolle Nachricht gleich mit im Gepäck: Vorbehaltlich des Medical und der Sicherheitsüberprüfung bin ich dabei:

FLUGBEGLEITERIN. In meinem Traumunternehmen für dieses Vorhaben: LUFTHANSA!

Die Zusage war ein absoluter Gänsehautmoment.  Den erfolgreichen Bewerbern wurde zugesichert, dass sich unser Leben komplett verändern wird. Dass wir einen Cocktail trinken gehen, alle anrufen und uns selbst feiern sollen. Dass wir die Welt sehen werden. Dass kein Tag wie ein anderer sein wird. Und dass wir uns trotz den Schattenseiten den besten Job der Welt ausgesucht haben.

Während ich im Zug sitze, schreibe, und mir nebenbei das Lufthansa Streckennetz noch mal genau anschaue, habe ich an diesen Aussagen keinen Zweifel. Die Welt ist plötzlich klein geworden, weil sich da eine unglaubliche Möglichkeit aufgetan hat, dieselbe zu entdecken.

Angst um mein Studium? Habe ich zum Teil. Aber mir wurde auch heute beim Casting oft versichert, dass ich nicht die erste bin, die dies in Angriff nimmt. Es wurde mir keinen Moment lang davon abgeraten, ganz im Gegenteil: mir wurde Mut zugeredet und gesagt, dass es immer Wege geben wird, das Fliegen und ein Leben am Boden unter einen Hut zu bekommen. Dass dies viel Organisation und Arbeit bedeuten wird, versteht sich von selbst. Aber ich habe lange gewartet und schätze mich sehr glücklich, vielleicht schon in ein paar Monaten in Länder zu reisen, von denen ich bisher nur träumen konnte.

In diesem Sinne: über kurz oder lang wird er kommen, der Juliettaeverywhere-Blog. Ich bin sehr gespannt, was die nächsten Wochen und Monate bereit halten und freue mich unglaublich über diese Chance und bin dankbar, diese Erfahrungen in der Zukunft insbesondere auch mit dem Kranich machen zu dürfen.

Happy Day. Bis bald!

Julietta.

Kurzer Annex vom nächsten Tag: Es ist immer noch unwirklich. Auch wenn man eine Nacht darüber geschlafen hat. Es ist jetzt einiges zu organisieren und zu planen. Gerade größere Praktika müssen vor dem Lehrgang noch gemacht werden, genau so wie etwaige Studienleistungen, die vor Ort erbracht werden müssen. Aber ich freue mich wahnsinnig und nehme mir die nächsten paar Tage, um das alles im Kopf in Ruhe durchzugehen. Und dann kümmern wir uns um Juliettaeverywhere. Yay.

Ein Rückblick, ein Ausblick, der traditionelle Juli-Eintrag.

Einmal im Jahr fällt mir mein alter Blog wieder ein. Letztes Jahr aus gegebenem Anlass, durch mein Treffen mit E. Dieses Jahr, heute, muss ich dringend lernen, habe aber so viel mehr Lust zu schreiben. Und siehe da: ein paar Besucher gibt es noch auf dieser Seite, die eine Zeit begleitet hat, die mir so lang vergangen erscheint.

2018 ist definitiv ein spannendes Jahr für mich und ich bin drauf und dran, meinen 2 Leben (bestehend aus Jurastudium und Operngesang) noch ein drittes hinzuzufügen. Die finale Entscheidung dessen wird wohl noch im Juli fallen und ich bin sehr aufgeregt und gespannt, was dabei herauskommen wird. Vielleicht informiere ich in einem Blogeintrag Ende des Monats darüber und noch vielleichter lohnt es sich sogar, über ein Blogrevival unter anderem Namen nachzudenken. Juliettaeverywhere?! Große Lust, über diese möglicherweise dritte Säule in meinem Leben zu berichten, hätte ich. Adventures are coming up. Yay.

Ich bin ein sehr zufriedener und zugleich unglaublich unzufriedener Mensch. Immer auf der Suche nach etwas. Und vor allem bin ich mir über so gut wie gar nichts sicher. Was ist richtig, was ist falsch? Was will ich wirklich und was will ich nur, weil ich die Alternativen nicht will? Und was tue ich eigentlich seit zwei Jahren in Köln? Bin ich mir sicher, dass ich die Karriere will oder vielleicht doch die Freiheit? Sicherheit oder Erfüllung? Und kann ich mich ohne Sicherheit wirklich erfüllt fühlen?

Die meisten Leute sagen, dass alles, was in deren Leben passiert ist, rückblickend schon gut so war. Und das ist eine unglaublich gute Einstellung dem Leben gegenüber. Ich sehe das leider nicht ganz so. Es sind Dinge passiert, die mich so aus der Bahn geworfen haben, dass ich Wege eingeschlagen habe, die attraktiv erschienen, aber mir fremder nicht sein könnten. Und mit Mitte 20 ist man leider auch nicht mehr so schnell dabei, alles wieder umzumodeln. Manchmal begebe ich mich also auf Fehlersuche um zu bestimmen, was ich hätte anders machen können. Retrospektivisch natürlich vollkommen überflüssig. Aber aus Fehleranalyse lässt sich schließlich für die Zukunft lernen. Und was ich momentan ganz stark hochhalte ist Folgendes: Angst ist kein guter Ratgeber und n i e m a n d trägt für euch die Enttäuschung mit, die daraus resultieren kann, dass ihr nicht getan habt, auf was ihr Lust hattet! Weil man leider viel zu oft auf gute Ratschläge hört. Oder Zweifel hat.

Als ich in die USA ging, habe ich mich diesen guten Ratschlägen völlig verwehrt. „Zeitverschwendung“ war eine häufige Reaktion aus meiner Umwelt. Oder auch: „Was versprichst du dir davon?“

Ich hatte mir nichts davon versprochen und vermutlich mehr bekommen, als ich mir jemals hätte versprechen können. 4 Jahre später ist mein Auslandsjahr immer noch so ein immenser Vorteil und Plus in meinem Leben. Nicht mal, weil es für meine berufliche Entwicklung so essentiell wäre. Sondern, weil ich die Welt ein kleines bisschen besser kennen gelernt habe. Weil ich mit Menschen von so weit weg sehr guten Kontakt pflege. Weil ich mich in dem Jahr besser kennen gelernt habe. Weil ich weiß, dass alles, was mir dort passiert ist, schlichtweg eine Bereicherung war.

Ich erzähle so oft von meinen Kindern in New Jersey, von verrückten Nächten in New York. Auch von tollen Theatererlebnissen in New York. Ich denke oft an mein College und meine fantastischen Dozenten dort. Der Schauspielcoach, bei dem ich meine Acting Classes hatte. Halleluja, was hat er mich in diesen Proben aus meiner Komfortzone rausgezerrt. Und die Kinder erst, als ich mit ihnen Achterbahn fahren musste. Achterbahnen sind wirklich nichts für meine Nerven. Gerne erzähle ich auch davon, wie ich fast meinen Führerschein hätte abgeben dürfen. Speeding. Hatte vergessen, dass es Speedlimits auf Highways gibt. Oder ich erinnere mich an diesen unglaublichen Geburtstag in Las Vegas. Best Night ever. I swear. It was huge.

Es sind einfach so unglaublich viele kleine Geschichten, die ich in diesem Blog nie erzählt habe, da ich lieber aus einem Gefühl heraus schreibe, statt chronologisch Anekdoten zu erzählen. Ich hoffe allerdings, dass sich aus meinem Blog eines herauslesen ließ (und lässt): Es war eine der BESTEN Entscheidungen meines Lebens, ein Jahr in die USA zu gehen. Weil ich so unglaublich viel positives mitgenommen habe. Ich wage zu behaupten, dass ich in den USA die bisher glücklichste Zeit meines Lebens verbracht habe. Das sah ich damals so und bis heute hat sich daran nichts geändert. Es war also alles andere als Zeitverschwendung und keine steril konservierte Menge an Zeit hätte mir das geben können, was ich in den USA an Erfahrungen gesammelt habe.

Wir hören uns Ende Juli. Dann ist es vielleicht Zeit, diesen Blog zu schließen. Oder an der Zeit, ihn unter anderem Namen fortzuführen. Denn meine Tage „in the US“ sind gezählt. Aber das Leben zwischen Jurastudium, klassischer Musik und dem geheimnisvollen neuen Job wird nicht minder spannend sein.

Julietta.

E in Europe

Was haben wir gerade für einen tollen Beitrag geschrieben. Und dann war er weg. Laptop hatte keine Lust mehr. Und ich wollte schlafen gehen. Aber. Ich habe doch große Lust, etwas zu teilen. Liest den Blog noch jemand? Vermutlich nicht. Und mit den USA hat das ganze sowieso das geringste zu tun. Aber ich habe etwas wiederentdeckt. Wanderlust. Und zwar SOOOOOO richtig. Nicht nur so Städtetrips-sind-cool und Studenten-fahren-50x-pro-Jahr-in-den-Urlaub. Nö. Ich habe wieder richtig extremen Hunger nach der Welt und will mit mindestens genau solchem Drang die Welt und ihre Menschen entdecken, wie vor meinem ersten Auslandsjahr in den USA. Ein Jahr woanders reicht nun eben doch nicht. Und das merkt man eben wieder besonders, wenn man Zeit mit Menschen verbringt, die selbst überall auf der Welt gelebt haben. Und die einen über alle Maßen inspirieren. Und mit denen man sich überdies SO unendlich wohl fühlt, dass man auf einmal wieder weiß, dass man selbst eben doch genug ist. Genug für das Leben und die Welt. Genug für Abenteuer. Genug, so wie man ist. Und so wie man ist, als abenteuerliche Seele gewissermaßen, zieht es einen dann wieder heraus in die Welt. Um zu entdecken. Um Menschen kennen zu lernen. Um Freundschaften zu schließen. Um in einem Moment des Erlebens bereits zu wissen: Das. Hier. Jetzt. Das ist das pure Glück.

Vor wenigen Tagen hatte ich einen dieser Momente. Ich schwamm im Mittelmeer, alleine. A. wartete am Strand auf mich. Und völlig unverhofft war es da: das pure vollkommene Glück. Und ich musste lachen. So laut und so herzlich. Ich wusste überhaupt nicht, wohin mit meinem Glück. Ich wusste nicht, wie ich A. erklären sollte, was dort im Wasser mit mir passiert war. Es war der perfekte Moment. Der Gedanke daran lässt mich selbst beim Schreiben wieder auflachen. Laut.

Aber von vorne: vor wenigen Wochen saß ich mit meinem Mitbewohner auf unserer durchaus dekadenten Studentenwohnheim-Dachterrasse. Und hatte, wie immer, Liebeskummer. Weil man dem Subjekt der Begierde aber leider auch nicht mehr so locker-flockig schreiben kann und möchte, sucht man sich in seiner Handy-Kontaktliste so seine Alternativen, um sich abzulenken, während ER nicht schreibt. Man kennt das. Und da ich auch schon 2 Gläser Wein getrunken hatte, erschien es mir keine schlechte Idee, mit E. aus den USA doch mal Kontakt aufzunehmen. „Hi, how are you?“ – ebenso einfallslos wie unverfänglich. Und ich bekam prompt eine Antwort. Mit dem Hinweis, dass er bald auf Ibiza sein würde. Ob ich kommen wolle. Also… vielleicht. Tatsächlich kostete es uns ein ganzes Wochenende herauszufinden, ob dieses Treffen auf Ibiza stattfinden sollte. Richtig oder falsch? Abenteuer oder zu großes Risiko? Bezahle ich den Semesterbeitrag oder den Flug auf die Insel? … Die letzte Frage war jedenfalls schnell geklärt. „I will cover obviously“, entkräftete er meine finanziellen Zweifel.

Nun mal ehrlich. Wenn man als Anfang 20jährige Studentin eine Nacht auf Ibiza angeboten bekommt, inklusive Hotel und Flugtickets – würde wirklich jemand ablehnen?

Man könnte zumindest noch mal darüber nachdenken. Denn als ich in Ibiza aus dem Flieger stieg, war ich keineswegs hocherfreut. BIST – DU – EIGENTLICH – GEISTESKRANK ?!, ging so bei mir im Kopf vor. Amici, ich hatte dieses Jahr wirklich wenig Glück mit meinen Kurztrips. Nächtliche Busfahrt nach Köln mit einem frischgebackenen Mörder. Absolutes Beziehungsfiasko in Kopenhagen. Terroranschlag in London. Es hätte nicht unbedingt noch die Risiken gebraucht, die einfach da sind, wenn man jemanden in einem anderen Land trifft. Jemanden, den man vor 2 Jahren kennengelernt hat. In den USA. Betrunken. In einem Casino. Mit dem man niemals wieder Kontakt hatte. Von dem man gar nicht so richtig weiß, wie er mit vollem Namen heißt, was er arbeitet und wo er herkommt. Ich denke, meine Zweifel am Flughafen waren berechtigt.

Aber die Luft. Der Geruch Ibizas. Ich fühlte mich sofort 4 Jahre zurückversetzt. In den Sommer 2013, in dem ich 5 Wochen lang auf dieser wunderbaren Insel als Praktikantin arbeitete. Ich hatte nie solche Liebesgefühle, wie meine gute Freundin und Mit-Praktikantin Jessi. Und wollte auch nie dringend zurück. Aber in dem Moment, als ich Ibiza wieder riechen und fühlen durfte, ich fühlte mich sofort zu Hause.

Schließlich kam ich in Ibiza Stadt an, an der Adresse, die E. mir geschickt hatte und klopfte an der Tür des Apartments. Dann lehnte ich mich ganz casual gegen das Treppengeländer, um möglichst entspannt auszusehen. Es war ja nicht nur ich, die ein Risiko eingegangen war. Und er öffnete. Müde – es war gerade erst um 8. Aber glücklich.

Was dann geschah… wer will das lesen? Und erst recht: wer will versuchen, davon zu schreiben? Es wäre ein kläglicher Versuch, jeden einzelnen Moment zu beschreiben, der zu dieser Vollkommenheit wurde, die ich fühlen durfte. Es war, letztendlich, nur ein Tag. Dann eine Nacht und noch ein Tag. Es passierte nichts unendlich aufregendes. Wir genossen das Leben. In allem, was wir taten. Und ‚wir‘, das waren nicht nur E. und ich. Das war außerdem first und foremost auch A., mit dem wir zusammen wohnten. Ich möchte hier eine Behauptung wagen: Ich habe niemals zuvor jemanden kennen gelernt, der mir mit so viel Güte und Herzenswärme begegnet ist. Ich bin so dankbar – vielleicht dafür mehr als für alles andere, was mir wundervolles auf dieser Reise passiert ist – dass ich A. kennen lernen durfte.

Ich wurde anderen großartigen Menschen vorgestellt. An traumhaften Orten. Wir lachten und diskutierten Politik, Leben, Ideen, die Welt. Wir teilten Erinnerungen und Träume und Erfahrungen und Leidenschaften. Wir aßen und tranken Champagner. 12 Uhr mittags. Leerten eine Flasche Wein zwei Stunden später am Strand. Wir schwammen und wir kletterten und wir redeten. Wir genossen das Leben, so wie es war. Es war perfekt. Wir waren perfekt. Ich war perfekt.

Wie oft fühlt man sich im Leben so, als wäre man selbst, einfach so wie man ist, wirklich vollkommen? Wir versuchen vielleicht alle, uns so zu fühlen. Mit Yoga und Meditation, mit Make Up und High Heels, mit schönen Worten, die wir für uns selbst finden… aber wie oft funktioniert das wirklich? E. gab mir in diesen zwei Tagen dieses wunderschöne Geschenk. Dass ich einfach ich sein durfte. Ich durfte sagen, was ich wollte. Es war nie etwas falsches. Ich durfte anziehen, was ich wollte. Es war immer passend. Ich durfte ungeschminkt sein und meine Haare seit 11 Jahren (!!) das erste Mal so lassen, wie sie waren. Völlig durcheinander und lockig und … viel. So, wie ich war und so, wie wir zusammen waren, war alles richtig und gut.

Natürlich ‚dürfen‘ wir so immer sein und sicherlich würde man immer irgendwie von seiner Umwelt akzeptiert. Aber es war und ist etwas ganz besonderes, mit Menschen zusammen zu sitzen, die man kaum kennt, und die ein ehrliches und tiefes Interesse für einen haben. Ein Interesse, das nichts mit Achievements und Leistungen zu tun hat. Auch nichts mit Aussehen und Style. Wir alle waren einfach wir. Ehrlich und leicht und offen.

All diese Dankbarkeit und dieses Glück überkam mich in meinen paar Momenten der Reflexion am Meer. Möglicherweise taten der Mojito und die pralle Sonne ihr übriges.

Diese zwei Tage haben mir unendlich viel gegeben. Zunächst meine Abenteuerlust. Denn es geht nicht immer alles schief. Egal, wie lange nichts läuft und sich die ganze Welt gegen einen gerichtet zu haben scheint, es kommt wieder anders. Unverhofft. Irgendwann schwimmt man im Meer und kann nicht aufhören zu lachen. Weil das Leben so schön und das Universum so vollkommen ist. Weil Menschen so gut sind. Weil man einfach, so wie man ist, ein strahlender und wichtiger Teil vom Ganzen ist. Irgendwann kommt diese Erkenntnis wieder.

Ich bin ein Risiko dafür eingegangen und ich habe einen Drang, noch mehr zu erleben. Mehr Risiken einzugehen. Mehr zu erfahren von der Welt. Ich möchte wissen, was passiert. Was Menschen in unserer Zeit beschäftigt. Ich möchte erfahren und teilen und erleben. Und dieses erneute Aufkeimen verdanke ich E. Der irgendwann einfach so neben mir lief (no joke. Er tauchte damals einfach neben mir auf und sagte ‚I’m E. Who are you?‘) und mir so viel gegeben hat, wie ich es nie erwartet hätte.

Möglicherweise sehe ich E. und A. nie wieder. Aber ich bin mir sicher, dass ich sie auf jede weite Reise und auf jedes Abenteuer im Herzen mitnehmen werde. Als nächstes im Februar 2018. Dann geht es nach Israel. 2 Monate. So lange wie möglich zwischen den Vorlesungszeiten. Denn eines habe ich mir vorgenommen, als das Flugzeug auf Ibiza Richtung Köln startete: If we ever meet again, I will make sure you will be impressed.

Deswegen wird in Zukunft wieder mehr getraveled. Mit Abenteuern. Nicht nur in the US.

lots of light from Cologne.

Julietta

Eine aus der Laune heraus sehr wohlwollende Sicht auf Amerikaner

Lenke mich von Hausaufgaben ab.
Heute ist auch einer dieser Tage, an denen ich in Amerika sehr glücklich bin. Nicht als Student, Aupair, whatever. Einfach so. In diesem Land.
Daher lasst mich ein paar zusammenhangslose Worte verlieren.

Ich möchte starten mit einer Liebeserklärung an die Amerikaner.
In den letzten paar Tagen habe ich so viele nette Worte bekommen, wie in meinen fast 21 Jahren auf dieser Erde nicht. Verrückt. Nicht mal große Sachen. Einfach kleine Nettigkeiten. Ich bin sowieso ein Verfechter des großen Einflusses kleiner Dinge.
Ich finde diese Art, wie hier im täglichen Leben miteinander umgegangen wird, einfach toll. Entspannend. Wenn man es in Deutschland mit einem schlecht gelaunten Verkäufer zu tun hat, wundert man sich fast nicht mehr. Tatsächlich hatte ich immer das Gefühl, ich würde den Verkäufern mindest dreimal so oft einen schönen Tag wünschen, wie sie mir. Nicht, dass die meisten darauf geantwortet hätten.
Chit Chatting mag einfach nicht tief in der deutschen Lebensart verwurzelt sein. Muss es auch nicht.
Dennoch. Ich persönlich finde es wunderbar mindestens 10 mal am Tag von gut gelaunten Menschen zu hören: „How are you today, Honey? Have a wonderful day, enjoy the weather.“ Wahlweise endet der Satz auf „Stay warm.“ Das haben wir in den letzten Monaten eindeutig häufiger gehört.
Dass es im Grunde niemanden interessiert, wie es einem geht.. das sei dahin gestellt.
Schöne Worte schaffen eine schöne Atmosphäre. Schöne Atmosphäre macht gute Laune. Kleine Dinge, Großer Einfluss und so.
Daher wecke ich die Kids auch jeden Tag mit der besten Laune, die man früh um 7 eben aufbringen kann.
„Bonjour. You know what? It’s going to be a wonderful day today.“ statt „Good morning, get up.“

Doch es sind nicht nur die Verkäufer. Die sich sowieso irgendwann dazu verpflichten mussten, immer freundlich zu sein. Es sind einfach alle. Am besten finde ich es, wenn man im Supermarkt jemanden über den Haufen rennt, weil man Unaufmerksam ist. Und als Reaktion der betroffenen Person bekommt man eine Entschuldigung. Sie hätte schließlich nicht im Weg stehen müssen. Als vorläufiger Einwohner von Amerika bringt man ein pflichtbewusstes „Oh no. I’M so sorry. It’s all my fault“ heraus.
Gefolgt von Smalltalk: „I love your scarf. Where did you get it?“, „Uhmm, Turkey. But look at your hair, I wish I had hair like this.“, „Oh, that’s all my hairdresser’s talent.“ Schönen Tag. Nett dich kennen gelernt zu haben. Schönes Leben, weil wir uns sowieso nie wiedersehen. Aber was für eine nette kleine Unterhaltung.

Lehrer. Die sind auch der Wahnsinn.
Das beginnt mit der Erreichbarkeit. Ich habe von jedem (!) meiner Professoren 1 oder 2 Mail-Adressen und die Handynummer.
Letzteres, falls wir Studenten mitten in der Nacht völlig an einer Hausaufgabe verzweifeln.
Mein Theater Professor setzt noch eins drauf. Der bleibt gerne nach der ohnehin 3h 45min Class noch ein bisschen länger, um über persönliche Interessen zu plaudern.
Vor ein paar Wochen bekam ich von ihm eine einstündige, private Stückeinführung zu Othello. Fand er super. Ich noch besser.
Ein anderer Lehrer bereicherte gestern meinen College Alltag. Meine deutschen Lehrer waren von meinem Endlos-Gequatsche und Dauer-Grinsen bestenfalls genervt.
Besagter Psych Prof unterbrach einfach die Lecture, nahm sich einen Stuhl und setzte sich zu mir und meinem Nachbarn. „You guys are always having so much fun. I really want to sit with you sometimes.“
Beachte: 1. Es war sein absoluter Ernst. 2. Wir haben es hier mit einem Professor Dr. zu tun. Ganz ehrlich, so viel Humor hätte ich einem Prof. Dr. nie zugetraut.
Natürlich haben wir uns nach Unterricht entschuldigt und versichert, dass wir definitiv nicht über ihn lachen. Jedenfalls nicht im negativen Sinne. Seine Antwort: „I’m so glad to have you in my class. It’s great to see students enjoying their lectures.“ – Ob er das wirklich so sieht, oder er seinen Dr. einfach nur in Positiver Psychologie gemacht hat.. wir werden es nie erfahren. 😉

Eine Diät kann man sich in Amerika als Student übrigens auch sparen. Irgendwo auf dem Campus gibt es immer kostenloses Essen. Vor 2 Wochen gab es Hot Chocolate, Cookies und Brownies, weil es so kalt war. Zusätzlich hatte die Asia Society im Neujahrs-Fieber Tonnen an Chinese Food im Angebot. Letzte Woche gab es Donuts und Bagel, weil.. warum auch immer. Diese Woche hat sich das Math Department etwas tolles einfallen lassen. Wenn man im Math Lab lernt oder Hausaufgaben macht, kann man von Frühstück bis Abendessen alles bekommen. Inklusive Kaffee, Softdrinks, Tee. Ratet mal, wie fleißig ich heute Mathe Hausaufgaben gemacht habe.

Hausaufgaben. Jetzt plagt mich doch das schlechte Gewissen. Ich schreibe schon weit länger an diesem Post, als ich vorhatte. Und mein lieber Tennessee Williams wartet auf mich. Für die, die Theaterliteratur interessiert.. empfehlenswert. Ich bin sehr verliebt. Zumal ich in der NYPL ein tolles Buch über Psychoanalysis in Theaterstücken gefunden habe. Williams‘ Plays nehmen einen beachtlichen Teil davon ein.

Um zum Schluss zu kommen: Ich hoffe, dass alle anderen AuPairs und Deutsche in Amerika diese Offenherzigkeit und Freundlichkeit ebenso genießen können, wie ich.
Daraus gehen unzählige so wunderbare Memoiren hervor. Kleine Geschichten, kurze Begegnungen. Ich mag das sehr. In diesem Sinne..

Habt einen wundervollen, sonnigen, inspirierenden, I-don’t-know-whatever-feels-good-for-you Tag.

Juliettaaaaa.

Wenn Reisepläne platzen wie Luftballons..

Ich habe gerade zurück geschaut. Auf meine „Pläne für die USA“ vor den USA. Es fühlt sich unendlich lang vergangen an. In meinem Alltag habe ich nicht das Gefühl, weit weg zu sein. Jetzt gerade schon.
Ich hatte mir so viele Dinge vorgenommen. So viele Plätze wollte ich sehen. So viele Dinge erleben. Ich habe eine Menge Au Pairs kennen gelernt, die das hinbekommen. Au Pairs, die Geld sparen um zu Reisen. Die ihr Jahr nutzen, um viel in den USA zu sehen.
Ich mag mich damit gar nicht vergleichen. Manchmal erscheint es mir fast, als würde ich in meinen 12 Monaten in diesem Land nicht viel erreichen. Im Gegensatz zu anderen Mädels, die schon in 10 oder 20 Staaten waren und tolle Geschichten erzählen können.

Meine Passivität, was das Reisen angeht, kommt jedoch nicht von ungefähr.
Ich hatte vorgewarnt, dass sich mein Blog (sofern er von Zeit zu Zeit zum Leben erweckt wird), wahrscheinlich von anderen Au Pair Blogs unterscheidet.
Ich habe das Gefühl, meine ganze amerikanische Erfahrung gestaltet sich signifikant anders, als ich es mir vorgestellt hatte.
Denn statt Flugreisen bezahle ich College. Statt Souvenirs habe ich Schulbücher neben mir liegen. Und aus Au Pair Freundinnen aus aller Welt wurden, in einem schleichenden Prozess, hauptsächlich amerikanische Schulfreunde.

Schon in meinen ersten Wochen habe ich gemerkt, dass ’nur‘ Au Pair sein mir nicht reicht. Die Kinder geben einem das Gefühl, gebraucht zu werden, aber für meine persönliche Entwicklung war mir das nicht genug.
Mittlerweile kann ich sagen, dass ich den Associates Degree anstrebe. Dieser College Degree kostet mich meine Reisepläne. Meine Zeit. Meine Au Pair Freundinnen.

Im Großen und Ganzen ist das nicht schlecht. Aber anders.
Es fühlt sich an, als verpasse ich das Leben als Au Pair. Weil ich zu sehr College Student geworden bin.
Then again.. in den „Semesterferien“ bin ich Au Pair. Nur Au Pair. Und habe viel Zeit für Freunde, zum Reisen, zum Shoppen. Und stelle fest, dass es mir zu wenig ist. Und kann es kaum erwarten, bis der neue Term beginnt.

Im Übrigen trägt auch New York nicht sonderlich viel dazu bei, dass man unbedingt wegfahren will.
Mein ursprünglicher Geburtstags-Plan war Las Vegas. Dann Orlando. Dann New Orleans.
Und gestern, in der City, schlich sich der Gedanke ein: „Warum eigentlich wegfahren. New York ist genug. 21 und New York – das passt irgendwie.“ Das Problem ist nur.. New York passt zu allem und nichts.

Julietta.

Thanksgiving ist deplatziert.

Thanksgiving rückt näher. Und mehr und mehr hat man den Eindruck, dass das Fest nicht zum Datum passt.
Vor 100 Jahren war das sicher noch kein Problem. Aber wenn wir heute genauer hinsehen, stellen wir fest: Thanksgiving und Ende November passt nicht mehr zusammen.

Thanksgiving. Der Tag an dem man dankbar ist. Für das was man hat. An dem man sich freut. Über das, was man besitzt. An dem man bescheiden ist und Danke sagt.
Das war einmal.
Wenn ich an Thanksgiving denke, geht mir unter anderem eines durch den Kopf: Ich muss spätestens 6pm bei Walmart sein und den Sale ausnutzen.
Und so geht es leider vielen. Natürlich freuen wir AuPairs uns, Zeit mit der Familie zu verbringen. Ein Thanksgiving mitzuerleben. Den ganzen Tag zu essen. Aber auf den Black Friday freuen wir uns fast noch mehr.

Ist es nicht verrückt? Der Tag der Dankbarkeit. Und der Tag, an dem der Black Friday Sale beginnt. Ich stelle mir das so vor: Gegen 3 oder 4 pm sitzt man mit der ganzen Familie am Tisch. Und wir freuen uns über alles, was wir haben. Und um 5 räumen alle ganz schnell auf, damit wir den besten Deal beim Shoppen bekommen. Es wäre doch zu schön, wenn die Wirtschaft uns den einen Tag der Dankbarkeit schenken würde. Doof nur, dass die Wirtschaft den (verlängerten) Black Friday braucht.

Amerikaner und ihre Sales sind sowieso verrückt. Kein Feiertag, an dem nicht alles um 30% reduziert ist. Labor Day, Columbus Day, Thanksgiving, .. Sales gibt es immer. Arbeit leider auch.

Drehen wir den Spieß mal um: einer DER Feiertage des Jahres. Ein Tag, an dem sogar mein College schließt (Ich kann euch sagen, unsere Verwaltung ist nicht gerade großzügig mit den freien Tagen!). Und tausende von Menschen müssen arbeiten, weil hunderttausende Andere shoppen gehen wollen.

Der Black Friday bildet den Auftakt für Christmas-Shopping. Und deshalb finde ich Thanksgiving deplaziert. Oder Weihnachten. Je nach dem.

Nov 27th: Dankbarkeit. Bescheidenheit. Und so.
Nov 28th: POWERSHOPPING bis Weihnachten. Locker. Vielleicht sogar bis Januar.

Versteht mich nicht falsch. Ich freue mich trotzdem sehr auf Thanksgiving. Ich werde es leider nicht mit meiner Gastfamilie verbringen können. Aber es wird sicher trotzdem ein schönes Erlebnis.
Wie das ganze am Donnerstag funktionieren soll.. dieses gemütliche Beisammensein & anschließendem Date mit dem Einkaufszentrum.. ist mir noch nicht ganz klar. Ich bin leider vom Black Friday Rausch nicht befreit. Ich möchte auch bestimmte Dinge kaufen. Und daher auch so früh wie möglich in den Geschäften sein.
Aber wie soll das gehen? Stehe ich 4.30pm auf, verlasse die Feier und sage „Sorry Leute. Muss in einer halben Stunde bei Target sein.„?
Oder bleibe ich sitzen und denke die ganze Zeit „Ich verpasse meinen Deal, ich verpasse meinen Deal.„?
Oder stehen alle gleichzeitig auf und bilden Fahrgemeinschaften? Gruppe Best Buy, Gruppe Walmart, Gruppe Target und Gruppe Staples?

Wir werden es erfahren..
Bis dahin…
Happy Thanksgiving !!
(Und viel Erfolg beim Shoppen..)

Juliettaaaa.

Und noch viel wichtiger: THANKS MAN. Appreciated.

Ich habe gerade gesehen, dass es trotz 2monatiger Pause jeden Tag einige Aufrufe auf diesem Blog gibt.
Das ist interessant. Und freut mich natürlich. Und spornt mich an, in Zukunft wieder mehr zu schreiben.

I just saw, that even though I haven’t written anything for 2 months, there are still some site views everyday. That’s interesting. And certainly makes me happy. And motivates me to write more frequently in the future.

Nun, da wir bei Dankesreden sind.. Es ist schwierig, zu jedem den Kontakt zu halten, den er verdient. Aber glaubt mir, ich denke viel an euch. Und ich erzähle viel von euch. Ich lasse euch in Hausarbeiten einfließen oder bringe den Kids Lieder bei, die ich mit euch gelernt habe.
Ich denke daran, wie wir uns nachts als Inder verkleidet haben, um den Bollywood Abend perfekt zu machen. Wie wir Churros gebacken haben. Wir wir lauthals in der Straßenbahn gesungen haben. Wir ihr Spaghetti mit Tomatensoße gegessen habt und dachtet, Leckermäulchen wäre der Käse, den man darauf streut. Wie wir zusammen bei Kik shoppen waren. Wie wir auf offener Straße Wagners Geburtstag gefeiert haben. Wie wir das erste Mal zusammen ins Kino gegangen und danach essen gegangen sind. Wie ihr mir über Liebeskummer hinweg geholfen habt. Wie wir in den Bergen wandern waren. Wie wir den Matheunterricht nutzten, um uns vom Wochenende zu erzählen. Wie wir die 17 Uhr SMS einführten, um unsere Freundschaft zu stärken.
Ich will, dass ihr wisst, dass ich jeden von euch sehr schätze. Auch wenn wir momentan wenig Kontakt haben.
Und ich will, dass ihr wisst, dass ich dankbar bin, diese tollen Momente mit euch erlebt zu haben. Und dass ich hoffe, dass noch unendliche viele dazu kommen.

Now, that we’re saying Thank you.. It’s difficut to keep in touch with everybody to an extent that you all deserve. But believe me when I say, that I think a lot about you. And that I talk about you. I name you in my papers or teach the kids songs, we once had learned together.
Ich think about how we dressed up as Indians in the midde of the night, to make our Bollywood night perfect. How we baked Churros together. How we were singing in the tram. How you put Leckermäulchen over your spaghetti because you assumed it would be the cheese. How we went shopping at Kik. How we celebrated Wagners Birthday on the street. How we went to the cinema together for the first time and after had an amazing dinner. How you helped me to get over a broken heart. How we went hiking in the mountains. How we usually used the math class to keep each other up to date about the weekend. How we initiated the 5pm sms to strengthen our friendship.
I want you to know, that I appreciate the friendship to all of you. Even though we temporary have little contact.
And I want you to know that I’m grateful to had these great moments with you. And that I hope, a lot more will follow.

Ich habe…, ich habe nicht…, ich habe…, ich habe nicht…,

Ein kurzer Hinweis, dass mein Blog am Sterben ist, reicht definitiv, um mich zum Schreiben zu zwingen.
Die interessante Frage: Wie hole ich so viel Zeit auf?
Ich bin heute seit genau 3 Monaten in meiner Gastfamilie. Das ist unglaublich. Jedes Mal aufs Neue muss ich mich fragen, wo die Zeit hin ist.
War es nicht erst gestern, dass mir am Flughafen in München die Tränen in die Augen schossen? Ist es nicht erst ein paar Stunden her, dass ich die Geschenke im Flugzeug geöffnet habe?

3 Monate. Viel Zeit. Viele Veränderungen. Kleine Dinge. Zeit für eine Bilanz.
Was ich habe:
– Ich habe tolle neue Freunde.
Eine Robin aus Italien. Mit der ich sehr gerne zu hause DVD’s schaue, mich viel streite, ständig wieder versöhne, shoppen und frühstücken gehe, über alles reden kann.
Eine Amanda aus Brasilien. Mit der ich vor allem auf Partys und unserer liebsten Shisha Bar anzutreffen bin. Eine Cassandra aus den USA. Mit der ich unglaublich viel Spaß habe, weil es sich anfühlt, als kennen wir uns seit 10 Jahren. Und mit der ich an unserer Theater-Szene arbeite.
Freunde aus der ganzen Welt. Und eine Menge Gelegenheiten, neue Freunde dazu zu gewinnen. Jeden Tag treffe ich wahnsinnig viele neue Menschen. Das lässt mich interessante neue Eindrücke gewinnen. Kaum ein Tag, an dem keine kulturellen Unterschiede und Gemeinsamkeiten diskutiert werden. Das hinterlässt eine Spur. Ich denke, das Wort ‚Weltbürger‘ ist hier angebracht. Ich fühle mich wie ein Weltbürger.
– Ich habe irre viele Hausaufgaben.
Viele von euch wissen es bereits. Ich bin an meinem College ein Credit-Student. Ich gehe Vollzeit zum College. Dieses Semester belege ich mehrere Psychologiekurse und Schauspiel. Es ist ein Studium, dass ich „nebenbei“ und in meiner „Freizeit“ absolviere. Einschließlich Hausarbeiten, Prüfungen, Tests und Projekten. Das erste Mal in meinem Leben bin ich ein Streber. Bloß kein „B“ bekommen. Schließlich mchte ich das Gefühl haben, etwas zu erreichen. Etwas auf die Reihe zu bekommen. Anstrengend. Jedoch sehr bereichernd.
– Ich habe Probleme.
Vor allem Zeitliche. Mein Tag ist von 7am bis 12pm durchgeplant. College, Kinder, Sozialleben und Schlaf ist ein magisches Viereck. Oft genug muss ich länger arbeiten oder etwas für die Familie erledigen. Kein Problem, aber KRACH, mein Zeitplan ist ruiniert. Meistens spare ich am Schlaf.
Daneben gibt es natürlich viele andere Dinge, die nicht so laufen, wie man sich das vorstellt. Aber das soll es dazu gewesen sein. Ob in Deutschland, den USA oder Timbuktu: Probleme gibt es immer.
– Ich habe die besten Kinder der Welt.
Ich liebe meine Kids. Viele Au Pairs sagen, sie müssen in Ruhe darüber nachdenken, ob sie wirklich eigene Kinder wollen. Meine Kids dagegen stimmen mich eigenen Kindern gegenüber geradezu euphorisch. Meine 2 Mädels sind die besten Kids, die ich mir hätte wünschen können.
– Ich habe mich verliebt.
New York City. Jedes Mal. Letzte Woche war ich 3 Mal in der City. Ich nehme meistens den Zug. Komme an der Penn Station an. Nehme die Rolltreppe. Wage den ersten Schritt aus der Station in die wunderbarste Stadt der Welt. Und denke ‚Oh. Mein. Gott. Ich. liebe. dich. für. immer. und. ewig.‘ Mehr brauche ich dazu nicht sagen.

Was ich nicht habe:
– Ich habe kein Heimweh.
Ich vermisse meine Freunde, meine Familie, meine Mitschüler und Mitsänger und Mittänzer und Mitschauspieler. Ich vermisse die Oper. Ich vermisse Schokolade. Gute Schokolade. Ich vermisse es, einfach mal spazieren zu gehen. (Warum das in den USA unmöglich ist, verdient einen eigenen Blog Eintrag.)
Und trotzdem wünsche ich mir keine Minute, zurück in Deutschland zu sein. Ich liebe Leipzig und alle Menschen, die dort zu meinem Leben gehören. Aber ich habe so viele Jahre an diesem einen Ort gewohnt. So viele Jahre dasselbe gesehen. Dasselbe Leipzig, dasselbe Berlin, dasselbe München. Und jetzt bin ich einfach weg. Es gibt so viel neues zu entdecken und erleben und erfahren. So viel auszuprobieren und rumzuprobieren. So viele Pläne zu schmieden. So viele Träume zu schmieden. So viel zu unternehmen, um Pläne und Träume zu verwirklichen. Und dann lassen sich alle Pläne und Träume wieder verwerfen, weil… Einfach so. Just because. Weil das Leben noch so viel mehr bereit hält, was er zu erkunden gibt. Woher soll ich wissen, was ich will, wenn ich nicht weiß, was alles geht? Wie soll ich wissen, was mir gefällt, wenn ich nicht alles ausprobieren kann?
Aus diesem Grund bin ich wahrscheinlich so im Stress. Ich will College Student sein. Und Au Pair natürlich. Und Künstler. Deswegen nehme ich mal ganz nebenbei Schauspielkurse in der City. Und Psychologe will ich auch noch werden. Deswegen blättere ich jeden Abend in meinen Schulbüchern.
– Ich habe keinen Plan.
Ob ich 1 Jahr oder 4 Jahre bleibe? Oder 2? Keine Ahnung. Alles ist offen. Ich kann mir vorstellen, nach dem Jahr zurück zu kommen. Ich kann mir vorstellen, meinen Associates Degree abszuschließen und 2 Jahre zu bleiben. Ich kann mir vorstellen, meinen Bachelor abzuschließen und 4 Jahre zu bleiben. Wer weiß.
Eines ist sicher: Ich werde nicht für immer hier bleiben. Ich bin hier zu erleben und Erfahrungen zu sammeln. Nicht, um hier fest zu wachsen.
– Ich habe nichts anzuziehen.
23kg für ein ganzes Jahr. Ich fasse es immer noch nicht! Den Sommer überlebt man ganz gut, mit dem, was man eingepackt hat. Jetzt wird es leider Winter. Ich habe weder Schuhe, eine dicke Jacke, einen Pullover oder einen langärmeligen Pyjama, noch Handschuhe, … Man könnte jetzt shoppen gehen. Wenn man nicht zum College ginge. (TEUER!) Und wenn man Spaß daran hätte, sein Gehalt für Dinge auszugeben, die man braucht. Statt für Dinge, die man will.
– Ich habe kein besseres Englisch als vor 3 Monaten.
Ich habe ein paar Worte gelernt. Wow. Ansonsten verdirbt man sich sein Englisch größtenteils. Schulenglisch ist toll. Grammatikalisch korrekt. „Echtes“ gesprochenes Englisch ist eine Katastrophe. „My friends be like..“ statt „My friends are like..“. Oder „He don’t..“ statt „He doesn’t“.
Die meisten meiner Freunde, die von Anfang an fließend Englisch sprachen, sehen das wie ich. Man lernt ein paar Worte. Aber nach ein paar Monaten ist man nicht völlig aus dem Häuschen, weil man ja so viel besser Englisch spricht.

Egal, was ich habe und nicht habe: Ich freue mich sehr auf die nächsten Wochen und Monate.
Thanksgiving rückt näher. Dieses werde ich leider nicht mit meiner Hostfamily verbringen können. Geplant ist nämlich ein Besuch der Familie in Virginia von Dienstag – Sonntag. Leider habe ich am Mittwoch im College einen wichtigen Test.Trotzdem freue ich mich sehr darauf. Ich habe zahlreiche Einladungen von den Familien Amerikanischer Freunde und konnte mich bisher noch nicht entscheiden, mit wem ich dieses Ereignis begehen will.
Ich halte euch auf dem Laufenden. Dieses Mal wirklich. (Das sage ich vor einer Diät übrigens auch immer. „Dieses Mal wirklich“) 😉

Bis bald,
Lots of Love,

Julietta

Die Entdeckung Europäischer Identität

Ich würde nach wie vor nicht sagen, dass ich Deutschland sehr vermisse. Abgesehen von der deutschen Küche. Man kann sagen, was man will, Amerikaner ernähren sich unglaublich einseitig. Selbst in meiner Gastfamilie, in der darauf geachtet wird, nicht zu viel Burger und Co. zu sich zu nehmen. Trotzdem gibt es jeden Tag mehr oder weniger dasselbe. Steak oder Pute, Reis und TK-Gemüse-Mix. Außer Freitags. Da gibt es Pizza. Und Sonntags gibt es statt Steak oder Pute, Steak UND Pute.
Früher war ich der Meinung, dass sich meine Eltern sinnlos Stress machen. Von wegen ‚Schnitzel hatten wir erst vor 2 Wochen‘. Jetzt bin ich der Meinung, dass es nichts schöneres gibt als abwechslungsreiche Ernährung.

Süßigkeiten sind ein ganz besonderes Thema. Ich betrachte Süßigkeiten weltweit als gesund, seit ich in den Genuss von Amerikanischen Zusatzstoffen gekommen bin. High Fructose Corn Syrup. Wenn man das bei Google eingibt, kommt als eines der ersten Ergebnisse ‚5 Gründe, warum High Fructose Corn Syrup dich umbringen wird‘. Leider ist dieses ’super‘ Zeug Inhaltsstoff von so ziemlich allem. Hot Dog Buns, Joghurt oder Ketchup beispielsweise. Es ist absolut nicht leicht zu umgehen. Meine Hostmum kauft zu 90% organische Lebensmittel und trotzdem lese ich auf jedem 3. Etikett in unserer Speisekammer High Fructose Corn Syrup. Ganz nebenbei, in manch anderem Land ist Corn Syrup illegal. In den USA essen wir es ununterbrochen. Ein Beispiel? Oreos. Während bei Oreos fast weltweit Zucker zum Einsatz kommt, bekommen wir es hier mit der Extraportion Corn Syrup zu tun. Danke auch.

Deshalb verbanne ich ab nächster Woche sämtliche HFCS-Produkte von meinem Speiseplan. Angefangen habe ich bereits mit dem Verzicht von HFCS-Süßigkeiten. Das halte ich allerdings nur mit dem Wissen durch, dass meine Europäische-Süßigkeiten-Lieferung von meinen Eltern auf dem Weg zu mir ist.

Europäisch. Ich schrieb am Anfang dieses Eintrages, dass ich Deutschland nicht sehr vermisse. Doch ich vermisse Europa. Abgesehen davon, dass die EU uns Tonnen von Hormonen und HFCS im Essen erspart.
Ich denke an die Architektur Roms. Die Franzöische Sprache. Harry Potter. Spanische Musik. Das Oktoberfest. Reisemöglichkeiten. Die Natur in Skandinavien. Berlin, Paris, London, Stockholm. Sprachen. Monarchien. Feiertage. Bildungssysteme. Kunst.
All das gehört zu einem bestimmten Land und ich gleichzeitig Teil von etwas noch Größerem. Europa ist ein wunderbar multikultureller Kontinent. Ein Kontinent, auf dem man nicht nur Englisch und ein bisschen Spanisch braucht. In Europa spricht man am besten mindestens 4 Sprachen: Französisch, Englisch, Deutsch, Spanisch. Weitere Optionen wären Italienisch, Tschechisch, Russisch, Dänisch, Schwedisch, Norwegisch, Finnisch, Finnisches Schwedisch, Schweizerdeutsch, Albanisch, Kroatisch, Türkisch …

Und irgendwie, auch wenn es mir nie bewusst war, fühle ich mich nun, da ich in Amerika bin, in Europa beheimatet.
Glücklicherweise lebe ich allerdings nur ein kleines Stück von Europa entfernt. Genau genommen von der ganzen Welt. Denn wann immer die Amerikanische Kultur zu farblos wird, zieht es mich vor die Tür New Jerseys: New York City. Hier lässt sich einfach nichts vermissen. Denn alles ist da. Berlin, Paris, London und Stockholm in einer einzigen große, lauten, verrückten Stadt. Einer Stadt, in der man vielleicht sogar importierte Oreos ohne HFCS findet.

Juliettaaaa