Max Reinhardt Seminar fuer Schauspiel? Ludwig Maximilian Universitaet fuer Psychologie? Come on, das kann doch nicht mein ernst sein.
Ich liebe Leipzig. Ich mag Deutschland und ich lebe sehr gerne in Europa. Allerdings gefallen mir einige Dinge in den USA besser als zu Hause. Nicht, dass ich nicht zufrieden gewesen waere. Ich hatte nur schon lange vor meiner Abreise das Gefuehl, dass Leipzig mir zu „klein“ geworden ist. Weshalb ich viele Ausfluege nach Berlin unternahm. Gerne auch nur einfach so. Fuer ein Fruehstueck. Oder ein Theaterstueck. In Berlin hatte ich eher das Gefuehl von Groesse, von Urbanitaet, von der Welt.
Ich hatte Wuensche fuer meine Zukunft. Viel diskutiert mit Freunden und Verwandten, entwickelte ich einen Plan fuer „nach den USA“. Dass dieser Plan noch sehr viele Ecken und Kanten hatte, sei jetzt mal ausser Acht gelassen. Ich wollte mich an Schauspielschulen bewerben. Parallel zu einem Psychologie Studium. Das Ziel: angenommen werden. Egal wo. Koennte ich es mir aussuchen: Max Reinhardt Seminar fuer Schauspiel, Ludwig Maximilian Universitaet fuer Psychologie.
Mit etwas Abstand betrachtet, sieht das schon ganz anders aus. Nach 4 Wochen in New Jersey habe ich ein Gefuehl von „Groesse“ bekommen. Ich lebe nah bei New York, der aufregendsten Stadt der Welt. Ich habe Freunde aus allen Erdteilen gefunden. Ich gehe zum College, nehme (na klar) Kurse in Schauspiel und Psychologie. Ich lebe in einer unfassbar reichen Gegend. Ganz nebenbei, ich fahre einen tollen Mercedes.
Und ich arbeite mit Kindern.
Vor Abflug haette ich das so beschrieben: „Ich arbeite mit Kindern, weil mir das ein Auslandsjahr in den USA ermoeglicht. Ich kann dort leben, sammle neue Erfahrungen und lerne das Land kennen. Von meinem Gehalt kann ich shoppen und reisen. Ich mache ein Jahr lang Pause.“
Mittlerweile beschreibe ich das so: „Ich arbeite mit Kindern, weil ich mir damit mein Leben hier finanziere. Einen Grossteil meines Gehalts verwende ich fuer das College, oder um mich anderweitig zu bilden. Ich bereite mich intensiv auf meine Zukunft vor. Ich nutze die Zeit, um Weichen zu stellen fuer das, was nach dem Job als Nanny auf mich wartet.“
Ihr lest es immer wieder: College. Hier verbringe ich fast jeden Tag von 9 – 15 Uhr. Das ist meine Freizeit. Ich habe 2 Mal pro Woche Kurse. (Ich ziehe in Erwaegung, das auszuweiten. Aber Oh, das Geld!) Ich bin Mitglied in 2 Clubs, die sich woechentlich treffen. Den Rest der Zeit lerne ich fuer die Kurse und bereite mich auf den SAT Test vor. Den was? Den SAT Test. Komplexes Thema. Kurz und knapp: Willste dich an einer Uni bewerben, brauchste den SAT Test. Schwierige Sache, wenn die Muttersprache nicht Englisch ist und man den Test in Amerika ablegen will. Anyway, ich will den Test machen. Darueber habe ich auch mit meinen Gasteltern gesprochen. Wir kamen zu dem Thema Zukunft. Ein oft leidiges Thema fuer alle Abiturienten.
Die Zukunft. Kein Problem, dazu kann ich etwas sagen. Denn ich habe meinen Zukunfts-Plan 1.0 in der Hinterhand. Entstanden zwischen Februar und Juli 2014 in Deutschland.
Ich weihte meine Gasteltern also ein. Max Reinhardt Seminar. Ludwig Maximilian Universitaet. Super Bildung, schlechte Chancen. Doch meine Sorge, nicht angenommen zu werden, teilten sie nicht mit mir.
„Are you kidding me?“
Kidding.. Ich ueber meine Zukunft. No way. Wieso sollte ich mir da einen Spass erlauben?
„I’ve never heard of those Schools.“
Ja natuerlich nicht, die liegen in Europa.
„Yeah, but we know the good Universities in the world, you know. Cambridge.. that’s something for you.“
Also bitte. Ich habe Aussichten gegen 0, an der LMU angenommen zu werden. Wir brauchen jetzt nicht wegen Cambridge diskutieren.
„Cambridge, Harvard.. and for acting you should apply at Juilliard! Not at one of the unimportant schools.“
Harvard und Juilliard! Das wird ja immer schoener!
„How can you be the best without striving for excellence?“
Die Essenz der Debatte: Dream Big.
That’s America. Die beste Schule Sachsens oder New Jerseys kann nicht deine Traumschule sein. Das sind gute Alternativen. Probieren sollte man es allerdings im ganz grossen Stil.
Auf Deutsch: Die Menschen um mich herum koennen nicht verstehen, wie ich in meinem Jahr „Pause“ jeden Tag in die Bibliothek renne. Wie ich Tonnen von Buechern zu Hause habe. Wie ich fuer den SAT lerne, obwohl ich diesen fruehestens im Dezember ablegen werde. Und das alles mehr oder weniger ohne Ziel.
Das erschien mir logisch. Daher habe ich mir neue Ziele gesetzt. Vorlaeufig nicht Harvard und Juilliard. Dafuer einen bestimmten, sehr hohen, SAT Score. Wenn ich den habe, koennen wir weitersehen.
Ganz ohne Zeitdruck. Ich habe hier einen sicheren „Job“. Nicht hochbezahlt. Aber genug, um zu tun, was ich tun moechte. Aus dem einen Jahr koennen ohne viel Aufwand zwei Jahre werden. Wenn es bei einem Jahr bleibt, warum sollte ich dann nicht einfach nach Berlin ziehen? Oder London?
Nicht mein Hostdad hat mir den Blick fuer das Grosse gegeben. Es ist das ganze Land. „Gross, Groesser, am Groessten“, heisst es ueberall. Und wir Europaeer koennen nur die Augen rollen.
Doch hier geht es nicht nur um den groessten Cheeseburger oder um die groesste Mall. Es geht auch um das Groesste in jedem einzelnen Menschen. Um das Verlangen, mehr aus sich zu machen, als man fuer moeglich gehalten hat.
Das Land der unbegrenzten Moeglichkeiten. Fuer mich ist es das definitiv.
Nicht im Sinne „Vom Tellerwaescher zum Millionaer“. Aber im Sinne „Juilliard. Eigentlich eine ganz coole Idee“.
Wie wahrscheinlich ein Ereignis ist, zaehlt hier nicht. Die meisten von uns sind keine Mathematiker, die ihre Stochastik-Buecher zur Hand nehmen.
Was zaehlt, ist Groesse. Und die Energie, die wir darauf verwenden, das Groesste aus uns herauszuholen.
Much Love,
Julietta.
Ps: Sorry fuer fehlende Umlaute und ss – bin gerade im College am Computer 😉