Thanksgiving ist deplatziert.

Thanksgiving rückt näher. Und mehr und mehr hat man den Eindruck, dass das Fest nicht zum Datum passt.
Vor 100 Jahren war das sicher noch kein Problem. Aber wenn wir heute genauer hinsehen, stellen wir fest: Thanksgiving und Ende November passt nicht mehr zusammen.

Thanksgiving. Der Tag an dem man dankbar ist. Für das was man hat. An dem man sich freut. Über das, was man besitzt. An dem man bescheiden ist und Danke sagt.
Das war einmal.
Wenn ich an Thanksgiving denke, geht mir unter anderem eines durch den Kopf: Ich muss spätestens 6pm bei Walmart sein und den Sale ausnutzen.
Und so geht es leider vielen. Natürlich freuen wir AuPairs uns, Zeit mit der Familie zu verbringen. Ein Thanksgiving mitzuerleben. Den ganzen Tag zu essen. Aber auf den Black Friday freuen wir uns fast noch mehr.

Ist es nicht verrückt? Der Tag der Dankbarkeit. Und der Tag, an dem der Black Friday Sale beginnt. Ich stelle mir das so vor: Gegen 3 oder 4 pm sitzt man mit der ganzen Familie am Tisch. Und wir freuen uns über alles, was wir haben. Und um 5 räumen alle ganz schnell auf, damit wir den besten Deal beim Shoppen bekommen. Es wäre doch zu schön, wenn die Wirtschaft uns den einen Tag der Dankbarkeit schenken würde. Doof nur, dass die Wirtschaft den (verlängerten) Black Friday braucht.

Amerikaner und ihre Sales sind sowieso verrückt. Kein Feiertag, an dem nicht alles um 30% reduziert ist. Labor Day, Columbus Day, Thanksgiving, .. Sales gibt es immer. Arbeit leider auch.

Drehen wir den Spieß mal um: einer DER Feiertage des Jahres. Ein Tag, an dem sogar mein College schließt (Ich kann euch sagen, unsere Verwaltung ist nicht gerade großzügig mit den freien Tagen!). Und tausende von Menschen müssen arbeiten, weil hunderttausende Andere shoppen gehen wollen.

Der Black Friday bildet den Auftakt für Christmas-Shopping. Und deshalb finde ich Thanksgiving deplaziert. Oder Weihnachten. Je nach dem.

Nov 27th: Dankbarkeit. Bescheidenheit. Und so.
Nov 28th: POWERSHOPPING bis Weihnachten. Locker. Vielleicht sogar bis Januar.

Versteht mich nicht falsch. Ich freue mich trotzdem sehr auf Thanksgiving. Ich werde es leider nicht mit meiner Gastfamilie verbringen können. Aber es wird sicher trotzdem ein schönes Erlebnis.
Wie das ganze am Donnerstag funktionieren soll.. dieses gemütliche Beisammensein & anschließendem Date mit dem Einkaufszentrum.. ist mir noch nicht ganz klar. Ich bin leider vom Black Friday Rausch nicht befreit. Ich möchte auch bestimmte Dinge kaufen. Und daher auch so früh wie möglich in den Geschäften sein.
Aber wie soll das gehen? Stehe ich 4.30pm auf, verlasse die Feier und sage „Sorry Leute. Muss in einer halben Stunde bei Target sein.„?
Oder bleibe ich sitzen und denke die ganze Zeit „Ich verpasse meinen Deal, ich verpasse meinen Deal.„?
Oder stehen alle gleichzeitig auf und bilden Fahrgemeinschaften? Gruppe Best Buy, Gruppe Walmart, Gruppe Target und Gruppe Staples?

Wir werden es erfahren..
Bis dahin…
Happy Thanksgiving !!
(Und viel Erfolg beim Shoppen..)

Juliettaaaa.

Und noch viel wichtiger: THANKS MAN. Appreciated.

Ich habe gerade gesehen, dass es trotz 2monatiger Pause jeden Tag einige Aufrufe auf diesem Blog gibt.
Das ist interessant. Und freut mich natürlich. Und spornt mich an, in Zukunft wieder mehr zu schreiben.

I just saw, that even though I haven’t written anything for 2 months, there are still some site views everyday. That’s interesting. And certainly makes me happy. And motivates me to write more frequently in the future.

Nun, da wir bei Dankesreden sind.. Es ist schwierig, zu jedem den Kontakt zu halten, den er verdient. Aber glaubt mir, ich denke viel an euch. Und ich erzähle viel von euch. Ich lasse euch in Hausarbeiten einfließen oder bringe den Kids Lieder bei, die ich mit euch gelernt habe.
Ich denke daran, wie wir uns nachts als Inder verkleidet haben, um den Bollywood Abend perfekt zu machen. Wie wir Churros gebacken haben. Wir wir lauthals in der Straßenbahn gesungen haben. Wir ihr Spaghetti mit Tomatensoße gegessen habt und dachtet, Leckermäulchen wäre der Käse, den man darauf streut. Wie wir zusammen bei Kik shoppen waren. Wie wir auf offener Straße Wagners Geburtstag gefeiert haben. Wie wir das erste Mal zusammen ins Kino gegangen und danach essen gegangen sind. Wie ihr mir über Liebeskummer hinweg geholfen habt. Wie wir in den Bergen wandern waren. Wie wir den Matheunterricht nutzten, um uns vom Wochenende zu erzählen. Wie wir die 17 Uhr SMS einführten, um unsere Freundschaft zu stärken.
Ich will, dass ihr wisst, dass ich jeden von euch sehr schätze. Auch wenn wir momentan wenig Kontakt haben.
Und ich will, dass ihr wisst, dass ich dankbar bin, diese tollen Momente mit euch erlebt zu haben. Und dass ich hoffe, dass noch unendliche viele dazu kommen.

Now, that we’re saying Thank you.. It’s difficut to keep in touch with everybody to an extent that you all deserve. But believe me when I say, that I think a lot about you. And that I talk about you. I name you in my papers or teach the kids songs, we once had learned together.
Ich think about how we dressed up as Indians in the midde of the night, to make our Bollywood night perfect. How we baked Churros together. How we were singing in the tram. How you put Leckermäulchen over your spaghetti because you assumed it would be the cheese. How we went shopping at Kik. How we celebrated Wagners Birthday on the street. How we went to the cinema together for the first time and after had an amazing dinner. How you helped me to get over a broken heart. How we went hiking in the mountains. How we usually used the math class to keep each other up to date about the weekend. How we initiated the 5pm sms to strengthen our friendship.
I want you to know, that I appreciate the friendship to all of you. Even though we temporary have little contact.
And I want you to know that I’m grateful to had these great moments with you. And that I hope, a lot more will follow.

Ich habe…, ich habe nicht…, ich habe…, ich habe nicht…,

Ein kurzer Hinweis, dass mein Blog am Sterben ist, reicht definitiv, um mich zum Schreiben zu zwingen.
Die interessante Frage: Wie hole ich so viel Zeit auf?
Ich bin heute seit genau 3 Monaten in meiner Gastfamilie. Das ist unglaublich. Jedes Mal aufs Neue muss ich mich fragen, wo die Zeit hin ist.
War es nicht erst gestern, dass mir am Flughafen in München die Tränen in die Augen schossen? Ist es nicht erst ein paar Stunden her, dass ich die Geschenke im Flugzeug geöffnet habe?

3 Monate. Viel Zeit. Viele Veränderungen. Kleine Dinge. Zeit für eine Bilanz.
Was ich habe:
– Ich habe tolle neue Freunde.
Eine Robin aus Italien. Mit der ich sehr gerne zu hause DVD’s schaue, mich viel streite, ständig wieder versöhne, shoppen und frühstücken gehe, über alles reden kann.
Eine Amanda aus Brasilien. Mit der ich vor allem auf Partys und unserer liebsten Shisha Bar anzutreffen bin. Eine Cassandra aus den USA. Mit der ich unglaublich viel Spaß habe, weil es sich anfühlt, als kennen wir uns seit 10 Jahren. Und mit der ich an unserer Theater-Szene arbeite.
Freunde aus der ganzen Welt. Und eine Menge Gelegenheiten, neue Freunde dazu zu gewinnen. Jeden Tag treffe ich wahnsinnig viele neue Menschen. Das lässt mich interessante neue Eindrücke gewinnen. Kaum ein Tag, an dem keine kulturellen Unterschiede und Gemeinsamkeiten diskutiert werden. Das hinterlässt eine Spur. Ich denke, das Wort ‚Weltbürger‘ ist hier angebracht. Ich fühle mich wie ein Weltbürger.
– Ich habe irre viele Hausaufgaben.
Viele von euch wissen es bereits. Ich bin an meinem College ein Credit-Student. Ich gehe Vollzeit zum College. Dieses Semester belege ich mehrere Psychologiekurse und Schauspiel. Es ist ein Studium, dass ich „nebenbei“ und in meiner „Freizeit“ absolviere. Einschließlich Hausarbeiten, Prüfungen, Tests und Projekten. Das erste Mal in meinem Leben bin ich ein Streber. Bloß kein „B“ bekommen. Schließlich mchte ich das Gefühl haben, etwas zu erreichen. Etwas auf die Reihe zu bekommen. Anstrengend. Jedoch sehr bereichernd.
– Ich habe Probleme.
Vor allem Zeitliche. Mein Tag ist von 7am bis 12pm durchgeplant. College, Kinder, Sozialleben und Schlaf ist ein magisches Viereck. Oft genug muss ich länger arbeiten oder etwas für die Familie erledigen. Kein Problem, aber KRACH, mein Zeitplan ist ruiniert. Meistens spare ich am Schlaf.
Daneben gibt es natürlich viele andere Dinge, die nicht so laufen, wie man sich das vorstellt. Aber das soll es dazu gewesen sein. Ob in Deutschland, den USA oder Timbuktu: Probleme gibt es immer.
– Ich habe die besten Kinder der Welt.
Ich liebe meine Kids. Viele Au Pairs sagen, sie müssen in Ruhe darüber nachdenken, ob sie wirklich eigene Kinder wollen. Meine Kids dagegen stimmen mich eigenen Kindern gegenüber geradezu euphorisch. Meine 2 Mädels sind die besten Kids, die ich mir hätte wünschen können.
– Ich habe mich verliebt.
New York City. Jedes Mal. Letzte Woche war ich 3 Mal in der City. Ich nehme meistens den Zug. Komme an der Penn Station an. Nehme die Rolltreppe. Wage den ersten Schritt aus der Station in die wunderbarste Stadt der Welt. Und denke ‚Oh. Mein. Gott. Ich. liebe. dich. für. immer. und. ewig.‘ Mehr brauche ich dazu nicht sagen.

Was ich nicht habe:
– Ich habe kein Heimweh.
Ich vermisse meine Freunde, meine Familie, meine Mitschüler und Mitsänger und Mittänzer und Mitschauspieler. Ich vermisse die Oper. Ich vermisse Schokolade. Gute Schokolade. Ich vermisse es, einfach mal spazieren zu gehen. (Warum das in den USA unmöglich ist, verdient einen eigenen Blog Eintrag.)
Und trotzdem wünsche ich mir keine Minute, zurück in Deutschland zu sein. Ich liebe Leipzig und alle Menschen, die dort zu meinem Leben gehören. Aber ich habe so viele Jahre an diesem einen Ort gewohnt. So viele Jahre dasselbe gesehen. Dasselbe Leipzig, dasselbe Berlin, dasselbe München. Und jetzt bin ich einfach weg. Es gibt so viel neues zu entdecken und erleben und erfahren. So viel auszuprobieren und rumzuprobieren. So viele Pläne zu schmieden. So viele Träume zu schmieden. So viel zu unternehmen, um Pläne und Träume zu verwirklichen. Und dann lassen sich alle Pläne und Träume wieder verwerfen, weil… Einfach so. Just because. Weil das Leben noch so viel mehr bereit hält, was er zu erkunden gibt. Woher soll ich wissen, was ich will, wenn ich nicht weiß, was alles geht? Wie soll ich wissen, was mir gefällt, wenn ich nicht alles ausprobieren kann?
Aus diesem Grund bin ich wahrscheinlich so im Stress. Ich will College Student sein. Und Au Pair natürlich. Und Künstler. Deswegen nehme ich mal ganz nebenbei Schauspielkurse in der City. Und Psychologe will ich auch noch werden. Deswegen blättere ich jeden Abend in meinen Schulbüchern.
– Ich habe keinen Plan.
Ob ich 1 Jahr oder 4 Jahre bleibe? Oder 2? Keine Ahnung. Alles ist offen. Ich kann mir vorstellen, nach dem Jahr zurück zu kommen. Ich kann mir vorstellen, meinen Associates Degree abszuschließen und 2 Jahre zu bleiben. Ich kann mir vorstellen, meinen Bachelor abzuschließen und 4 Jahre zu bleiben. Wer weiß.
Eines ist sicher: Ich werde nicht für immer hier bleiben. Ich bin hier zu erleben und Erfahrungen zu sammeln. Nicht, um hier fest zu wachsen.
– Ich habe nichts anzuziehen.
23kg für ein ganzes Jahr. Ich fasse es immer noch nicht! Den Sommer überlebt man ganz gut, mit dem, was man eingepackt hat. Jetzt wird es leider Winter. Ich habe weder Schuhe, eine dicke Jacke, einen Pullover oder einen langärmeligen Pyjama, noch Handschuhe, … Man könnte jetzt shoppen gehen. Wenn man nicht zum College ginge. (TEUER!) Und wenn man Spaß daran hätte, sein Gehalt für Dinge auszugeben, die man braucht. Statt für Dinge, die man will.
– Ich habe kein besseres Englisch als vor 3 Monaten.
Ich habe ein paar Worte gelernt. Wow. Ansonsten verdirbt man sich sein Englisch größtenteils. Schulenglisch ist toll. Grammatikalisch korrekt. „Echtes“ gesprochenes Englisch ist eine Katastrophe. „My friends be like..“ statt „My friends are like..“. Oder „He don’t..“ statt „He doesn’t“.
Die meisten meiner Freunde, die von Anfang an fließend Englisch sprachen, sehen das wie ich. Man lernt ein paar Worte. Aber nach ein paar Monaten ist man nicht völlig aus dem Häuschen, weil man ja so viel besser Englisch spricht.

Egal, was ich habe und nicht habe: Ich freue mich sehr auf die nächsten Wochen und Monate.
Thanksgiving rückt näher. Dieses werde ich leider nicht mit meiner Hostfamily verbringen können. Geplant ist nämlich ein Besuch der Familie in Virginia von Dienstag – Sonntag. Leider habe ich am Mittwoch im College einen wichtigen Test.Trotzdem freue ich mich sehr darauf. Ich habe zahlreiche Einladungen von den Familien Amerikanischer Freunde und konnte mich bisher noch nicht entscheiden, mit wem ich dieses Ereignis begehen will.
Ich halte euch auf dem Laufenden. Dieses Mal wirklich. (Das sage ich vor einer Diät übrigens auch immer. „Dieses Mal wirklich“) 😉

Bis bald,
Lots of Love,

Julietta